Bericht aus dem Europäischen Parlament in Brüssel

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Vor den Osterferien hatte ich die Möglichkeit, ein Praktikum im Europäischen Parlament bei der fränkischen SPD-Abgeordneten Kerstin Westphal zu machen. In diesen zehn Tagen habe ich einen sehr guten Einblick in den Alltag eines Politikers bekommen und hatte außerdem die Gelegenheit Brüssel kennenzulernen.

Da das Europaparlament in meiner ersten Praktikumswoche in Straßburg tagte, wurde ich direkt am ersten Tag mit einem der beiden Assistenten von Kerstin nach Straßburg genommen und bin bis Mittwoch dort geblieben. Durch eine gelungene Einweisung in das Regierungsgebäude samt Kantine habe ich mich schnell zurechtgefunden. In Straßburg ist das Parlament deutlich kleiner als in Brüssel, wodurch alles viel dichter ist. Dort habe ich dann Kerstin Westphal kennengelernt, die seit 2009 Abgeordnete für Unter-, Mittel- und Oberfranken der SPD Bayern ist. Ich hatte in Straßburg die Möglichkeit, an einer Gruppensitzung der SPD teilzunehmen und habe bereits viele Einblicke in Kerstins Arbeit im Regionalausschuss REGI und im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz IMCO erhalten. Ein sehr spannender Moment war für mich gleich am zweiten Tag ein Auftritt unseres Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier. Er hat in Straßburg vor dem Plenum seine erste Auslandsrede gehalten hat, in der er zur Verteidigung der EU aufrief und die britische Entscheidung zum EU-Austritt kritisierte. Zu Kerstins Arbeit gehört es auch, Besuchergruppen zu empfangen und ihnen von ihrer Arbeit zu erzählen oder Fragen zu politischen Themen zu beantworten. Mittwoch empfingen wir zunächst eine Besuchergruppe von Journalisten, danach ging es für mich dann mit dem Zug zurück nach Brüssel.

In Brüssel arbeitete ich zusammen mit einer anderen Praktikantin und Clemens, dem zweiten Assistenten von Kerstin, zusammen im Büro. Zu unseren Aufgaben gehört es, Termine, Veranstaltungen oder Ausschusssitzungen vor- und nachzubereiten sowie auf E-Mails und Bürgeranfragen zu antworten. Außerdem werden regelmäßig Pressemitteilungen der Abgeordneten an deutsche Zeitungen verschickt, beispielsweise wenn etwas zur Debatte geschrieben wird und ein Zitat der Abgeordneten verwendet werden soll. Außerdem wird man häufig zu Veranstaltungen eingeladen, auf denen ich dann auch viele andere Praktikanten kennenlernte und mit denen ich in meiner Freizeit viel unternommen habe.

Zudem kann ich sagen, dass Brüssel eine unglaublich vielseitige Stadt ist. Obwohl die „Europäische Hauptstadt“ trotz ihrer 1,1 Millionen Einwohner recht klein ist, gibt es auf wenig Raum sehr viel Kultur zu bieten. Abgesehen von Pommes und (wirklich guten) Waffeln hat Brüssel sehr viel im Angebot: Wer am Wochenende durch Brüssel zu Fuß läuft, kommt an unzähligen Straßenmärkten vorbei, bei denen von elsässischen Spezialitäten, arabischen Gerichten bis zu Hipster-Vegan-Meals alles geboten wird. Die Parks, Cafés und Bars füllen sich mit Studenten, Touristen und den unzähligen EU-Praktikanten. Folglich ist das Euroviertel am Wochenende wie leer gefegt, da die meisten Abgeordneten nach Hause pendeln.

In der Zeit meines Praktikums habe ich also einen sehr umfangreichen Einblick in die europäische Politik bekommen. Abschließend kann man sagen, dass der Arbeitsalltag eines MEP viel Geduld, Flexibilität und Durchsetzungsvermögen verlangen, denn bei 751 Abgeordneten aus 28 verschiedenen Ländern kann es schon mal etwas dauern, bis man überhaupt zu Wort kommt. Vor allem heute,wo viele Menschen an dem Europäischen Projekt zweifeln, ist es für die Abgeordneten umso wichtiger, weiterhin mit Sorgfalt und Vernunft ihrer Arbeit nachzugehen, um den Traum von einem gemeinsamen und friedlichen Europa nicht platzen zu lassen.